Erinnerungsbedarf
Konferenz zum pluralen Erinnern in MigrationsgesellschaftenDay 2
Description
Programm:
14:00-17:30
Wissenschaftliche Beiträge und Inputs
in Kooperation mit dem Institut für jüdische Geschichte Österreichs
Erinnerungsbedarf und Gedenkbedürfnis.
An diesem Nachmittag diskutieren die Vertreter:innen und Forscher:innen unterschiedlicher Communities, welche traumatischen Ereignisse der NS-Zeit und der jüngeren österreichischen Geschichte Erinnerungsbedarf hätten, aber bislang von den politischen, kollektiven Gedenkritualen ausgegrenzt sind. Die Sprecher*innen geben einen 20-minütigen Input, danach ist zehn Minuten Zeit für Diskussion.
Moderation: Martha Keil
14.00 –14.10 Uhr
Martha Keil: Begrüßung und Vorstellung der Sprecher*innen
14.10–14.40
Brigitte Entner (Klagenfurt): Kärntner Sloweninnen und Slowenen in der NS-Zeit und danach
14.40–15.10
Marius Weigl-Burnautzki (Wien): „Ostarbeiter/innen“ und deren Nachkommen
15:10 – 15:40
Anita Lackenberger (St. Pölten) und Renate Bamberger (Mautern): Die Verfolgung der Gehörlosen und das Schweigen darüber
15:40–16:00
Kaffeepause
16.00–16.30
Ursula Mindler-Steiner (Graz) und Manuela Horvath (Oberwart/Felsőőr: Gedenkpolitik und Gedenkbedürfnis im Kontext der Romani Bevölkerung
16.30–17.00
Harald Walser (Hohenems): Die Zeugen Jehovas: Widerstand, Verfolgung, Erinnerung
17.00–17.30
Elnara Türhan und Noomi Anyanwu (Wien): Gedenkbedarf. Black Community und Kurd*innen
18:00
Lesungen
Bedarf an Geschichten
Drei Autor:innen haben im Rahmen von “Erinnerungsbedarf” Texte verfasst, die ihren eigenen Bedarf an Erinnerung kartieren. Marko Dinić, Milena Michiko Flašar und Ralph Tharayil unternehmen Experimente im grenzüberschreitenden Erinnern: Ihre Beiträge übertreten anhand individueller Lebensgeschichten Staatsgrenzen und verknüpfen scheinbar disparate Ereignisse transnationaler Geschichte miteinander. Von einem Ort ausgehend wird der Geschichte eines anderen Ortes gedacht, wodurch umgekehrt auch unsere geteilte Gegenwart und unser gegenwärtiger Sprechort auf neue Weise fass- und lesbar werden.
19:15 – 20:45
Podiumsdiskussion: Es ist Zeit – lass reden! Erinnerung bedarf Gespräch
Wenn wir von Erinnerungsbedarf sprechen, geht es uns auch um das, was es bedarf, damit Erinnerung möglich ist. Eine demokratische Erinnerungskultur, die ihren Namen verdient, braucht demokratische Räume des Austauschs, Praxen des Sprechens und schließlich auch Verbindlichkeiten, miteinander im Gespräch zu bleiben. Wie schaffen wir es, nicht nur “eigene” Betroffenheiten zu erinnern, sondern Erinnerungen auch für und mit anderen gemeinsam zu pflegen? Welche Rolle können dabei Kunst und Kultur spielen – als Felder, in denen anders gesprochen und gehandelt wird als im Alltag? Und wie kann in all dem Vielstimmigkeit von einem Schlagwort zu gelebter Praxis werden?
Moderation: Max Czollek
Podiumsgäste:
Frederek Musall (Judaist und CPPD-Mitglied)
Eşim Karakuyu (Pädagogin, Trainerin, CPPD-Mitglied)
Derviş Hızarcı (Vorstandsvorsitzender der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitimus)
Sheri Avraham (Künstlerin, Kuratorin und Theatermacherin)
20:45 – 21:00
Tayfun Guttstadt letzte Gedanken und musikalischer Abschluss
21:00
DJ-Line
Zeit für Netzwerk, Gespräche und Getränke
Wessen Erinnern ist sichtbar, wessen unsichtbar? Erinnerung war und ist politisch aufgeladen.
Die Konferenz setzt sich mit Möglichkeiten und Leerstellen im Umgang mit Erinnerungskulturen auseinander. In aufeinander bezogenen Beiträgen diskutieren Wissenschaftler:innen, Angehörige betroffener Communitys und Künstler:innen das kulturelle und politische Gedenken an rassistisch motivierte Gewaltereignisse. In der Gegenwart stellen sich in Österreich eine Vielzahl an Fragen: Warum sind nach wie vor einige Opfergruppen des Holocaust wie Roma und Sinti oder Jenische im kollektiven Gedächtnis kaum präsent? Warum werden Menschen, die Ziele von Gewalt sind – wie z. B. Jüd:innen, Muslim:innen, Angehörige queerer Communitys – nicht ausreichend gehört, wenn es um erinnerungspolitische Entscheidungen geht? Warum erhielten rassistische Gewaltverbrechen wie die Ermordung von Marcus Omofuma durch österreichische Polizisten 1999 kein dauerhaftes öffentliches Gedenken?
Die Konferenz stellt auch Fragen nach grenzübergreifenden, übernationalen Erinnerungsformen. Wie wirken sich rassistische Terroranschläge – z. B. Hanau 2020 – auf Minderheiten in anderen europäischen Ländern aus? Welche Erinnerungen bringen Migrant:innen nach Europa? Und wie erinnern wir in Europa an die Opfer der Asylpolitik?
Die Tangente St. Pölten, das seit 35 Jahren in St. Pölten ansässige Institut für jüdische Geschichte Österreichs, INJOEST, und das Netzwerk Coalition for Pluralistic Public Discourse, CPPD, Berlin, wollen darüber mit Betroffenen sprechen. Denn besteht nicht sowohl lokal als auch kollektiv ein Bedarf, das Gedenken an Gewaltereignisse in das Gedächtnis zu integrieren und so das Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft zu stärken?
Contributors
- MIt Tayfun Guttstadt (Multiinstrumentalist, Producer, Sänger), Martha Keil (wiss. Leiterin INJOEST), Sheri Avraham (Künstlerin & Kuratorin), Derviş Hızarcı (Vorstandsvorsitzender der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitimus), Eşim Karakuyu (Sozialpädagogin & Beraterin), Frederek Musall (Judaist), Ralph Tharayil (Autor), Milena Michiko Flašar (Autorin), Marko Dinić (Autor), Noomi Anyanwu (Black Voices Volksbegehren), Elnara Türhan (Black Voices Volksbegehren), Anita Lackenberger (Historikerin & Filmemacherin), Marius Weigl-Burnautzki (Historiker), Harald Walser (Historiker), Nina Prader (Künstlerin & Autorin), Max Czollek (Autor, Kurator & Leiter CPPD), Manuela Horvath (Stadträtin), Ursula Mindler-Steiner (Historikerin), Brigitte Entner (Historikerin), Noa K. Ha (Stadt-, Migrations-, & Rassismusforscherin), Jan Bodenstein (Architekt), Renate Bamberger (Beraterin & Dolmetscherin), Martha Keil (wiss. Leiterin INJOEST)
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